Im Frühjahr 2020, im 1. Lockdown wurden alle Veranstaltungen abgesagt. Das Literaturhaus Graz initiiert daraufhin mit allen Autor*innen, die in dieser Zeit bei ihnen gelesen hätten, die Corona-Tagebücher. Ich war eine von den Autor*innen dieser persönlichen, literarischen Verarbeitung der ersten Coronawelle.
Jede Woche am Montag war Abgabetermin. Jeden Freitag erschienen unsere kurzen Einblicke, in ein Leben, dass durch eine Pandemie auf den Kopf gestellt wurde: nur mehr zum Sport, Einkaufen, Helfen sollten wir hinaus, keine Treffen mit Freund*innen vornehmen, Veranstaltungen wurden digital abgehalten und die Geschäfte waren zu, die Innenstädte wie ausgestorben, die Kinder zu Hause.
Was schreibt man in so einer Zeit auf, welche Begebenheit wählt man aus und wie beschreibt man sie richtig?
Tagebücher sind ein Genre, dass zur Persönlichkeit und Intimität verleitet. Aber diese Tagebücher wurden in einer Zeit geschrieben, in der wir so viele persönliche Erfahrungen (plötzlich) alle gemeinsam machten: sich zur Begrüßung nicht zu umarmen, die Großeltern und Eltern nicht besuchen zu können, vor Apotheken, Lebensmittelgeschäften und Postfilialen Schlange stehen etc.
Also schrieben wir auf, was wir machten und was uns beschäftigte: Wir kochten. Wir warteten. Wir bangten. Wir überlegten. Wir staunten über Masken und trugen sie. Wir lasen. Wir schränkten unsere Kontakte ein. Wir videotelefonierten. Es entstanden über und in den Tagebucheinträgen hinweg Gespräche mit den Mitschreibenden.
Die Rhythmus, wöchentlich etwas zu schreiben, wöchentlich etwas abzugeben, gab nicht nur eine Struktur in Tage, in denen es keinen Unterschied mehr zwischen Samstag und Dienstag gab, sondern drängte mich auch zur Auswahl des Geschriebenen.
Hier gehts zu den Teilen 1- 15 (1. Welle) mit Helena Adler, Bettina Balàka, Birgit Birnbacher, Melitta Breznik, Ann Cotten, Nava Ebrahimi, Valerie Fritsch, Monika Helfer, Lucia Leidenfrost, Christian Mähr, Robert Pfaller, Benjamin Quaderer, Julya Rabinowich, Angelika Reitzer, Kathrin Röggla, Thomas Stangl, Michael Stavarič und Daniel Wisser.
PS: Fortsetzung folgte im Herbst/ Winter 2020, als der zweite Lockdown, die zweite Welle kam. Diese Einträge wurden von Günter Eichberger, Gabriele Kögl, Stefan Kutzenberger, Egon Christian Leitner, Lydia Mischkulnig, Wolfgang Paterno, Birgit Pölzl, Barbara Rieger, Stephan Roiss, Verena Stauffer, Heinrich Steinfest und Hannah Zufall verfasst und sind hier zu finden.